Mittwoch, 21. November 2012

César Vallejo

Ein Mann geht vorbei

Ein Mann geht vorbei mit einem Brot auf der Schulter.
Wie soll ich da über mein Double schreiben?

Einer setzt sich hin, einer kratzt sich, fängt unterm Arm eine Laus, bringt sie um.
Was soll das Gerede über Psychanalyse?

Ein andrer ist mit einem Stock in meine Brust eingedrungen.
Soll ich mich vielleicht mit dem Arzt über Sokrates unterhalten?

Ein Holzbein kommt vorbei mit einem Kind an der Hand.
Was hilft es da, André Breton zu lesen?

Ein anderer zittert vor Kälte, hustet, spuckt Blut.
Ist da ein Hinweis auf das Ich an sich angebracht?

Noch einer sucht im Dreck nach Kartoffelschalen und Knochen.
Wie kann man da über das Unendliche schreiben?

Ein Maurer fällt vom Gerüst und hat seine letzte Semmel gegessen.
Und die Erneuerung der Tropik sowie der Metapher?

Ein Händler betrügt den Käufer um ein Gramm Gewicht.
Was soll uns das Geschwätz über die vierte Dimension?

Ein Bankier fälscht seine Bilanz.
Und da gibt es Gesichter, die weinen im Schauspielhaus.

Ein Paria schläft mit dem Fuß auf dem Rücken.
Sollen wir miteinander über Picasso reden?

Irgend jemand geht schluchzend zu einem Begräbnis.
Wie ist es möglich, gewählt zu werden in die Akademie?

Einer putzt sein Gewehr in der Küche.
Welchen Wert hat es da, von Jenseits zu sprechen?

Einer geht vorbei und rechnet mit seinen Fingern.
Ist es möglich, das Nicht-Ich zu erwähnen, ohne zu schreien?

César Vallejo (1895-1938)