Donnerstag, 18. August 2016

Der österreichische Philosoph Ferdinand Ebner und sein Werk.

Am Anfang war das Wort ist ein das Denken von Ferdinand Ebner – geboren 1882 in Wiener Neustadt – maßgeblich prägender Satz. Er selbst wollte gerne schreiben, doch schon zu Beginn seiner Laufbahn als Volksschullehrer in Niederösterreich (wie sein Zeitgenosse Ludwig Wittgenstein) schränkt er dieses Vorhaben auf die Hoffnung ein, nicht unbedingt ein großer bedeutender, aber vielleicht wenigstens ein wahrer Dichter zu werden.

Das Wort und die geistigen Realitäten – Ebners Hauptwerk

Von Natur aus eher schwächlich, hatte er stets Probleme mit seiner Gesundheit und blieb im Ersten Weltkrieg vom Dienst an der Waffe freigestellt. Er liest viel Literatur und Philosophie und läßt sich insbesondere von Sören Kierkegaard anregen. Doch das Manuskript zu seinem eigenen Werk Das Wort und die geistigen Realitäten. Pneumatologische Fragmente wird 1919 aufgrund eines Gutachtens der Wiener Universität vom Verlag abgelehnt. Zwei Jahre später wird es mit Hilfe Ludwig von Fickers, Herausgeber der einflußreichen Zeitschrift Der Brenner, der dort bereits Teile hatte veröffentlichen lassen, doch noch publiziert.

Der Dialog als Grundlage der Welterfahrung

Ebner gilt als der Begründer des sogenannten dialogischen Denkens, welches das Wesen der Sprache darin sieht, eine ‚Geistigkeit’ zu sein, die sich zwischen einem Ich und einem Du zuträgt, die einander voraussetzen und gegenseitig herstellen. Entscheidend ist also das Gespräch, mit dessen Hilfe die Wirklichkeit erschlossen werden kann, die zwischen dem Ich und dem Du existiert. Grundlage der Sprache sind das Ansprechen und das Antworten, wie es nur zwischen Personen möglich ist, nicht das (einsame) Denken ist das Ziel, sondern das dialogische Sprechen.
Das Wort und die geistigen Realitäten - Neuausgabe der Ferdinand-Ebner-Gesellschaft

Skepsis gegenüber der traditionellen und modernen Sprachphilosophie

Gegenüber jedem klassischen Philosophieverständnis war Ebner mehr als skeptisch. Er suchte die Wahrheit im Wort. Sprache ist seiner Ansicht nach kein Mittel der Kommunikation, sondern der Erkenntnis des anderen. „Das Wort erschließt und eröffnet dem Ich das Du. Das ist und bleibt der zentrale Gedanke Ebners“, so charakterisiert Peter Kampits dessen wichtigstes Credo. Wissenschaftliche Sprachanalyse, Semantik, Semiotik, etc. lehnte er ab, sie könne nur die toten Zeichen untersuchen, das lebendige Wort aber finde sich nur im Gespräch.

Gott als persönliches Du – ohne Vermittlung der Kirche

Das Ich und das Du sind abhängig im Sein, deshalb muss es hinter ihnen noch einen weiteren, letzten Grund für ihr Sein geben, aus dem auch die Sprachlichkeit entspringt: Gott. Dieses ist das wahre Du des Menschen (und dieser das wahre Ich), nicht umsonst steht der Satz vom Wort am Anfang des Johannes-Evangeliums und auch dieses Textes. Gott ist der dialogische Partner in einem persönlichen Verhältnis zum Menschen. Nie wäre er durch (objektive) Beweise zu belegen, denn er ist in eine personale (also rein subjektive) Beziehung eingebunden. Eine wissenschaftliche Theologie kann es nach diesem Verständnis nicht geben, Ebner ist der Anhänger einer radikalen Christologie, in der es keine Amtskirche, sondern nur Glaube und Liebe gibt, die über dem Gesetz stehen.

Tod eines versöhnten radikalen Denkers

Ferdinand Ebners Gesundheitszustand verschlechterte sich nach der Publikation seoines Hauptwerks zusehends, er steuerte auf den Selbstmord zu. 1923 heiratet er eine Lehrerkollegin und 1931 bringt er noch einmal eine Sammlung von Aphorismen heraus, die den charakteristischen Titel Wort und Liebe erhält. Noch im selben Jahr stirbt Ferdinand Ebner im niederösterreichischen Gablitz. Vor seinem Tod hat Ebner, dem auch Weltflucht und Menschenfeindlichkeit vorgeworfen wurden, noch seinen Frieden mit der katholischen Kirche geschlossen, auf seinem Grab im Friedhof von Gablitz steht: „Hier ruht der irdische Rest eines menschlichen Lebens, in dessen große Dunkelheit das Licht des Lebens geleuchtet und das in diesem Licht begriffen hat, daß Gott die Liebe ist“ (siehe dazu bei Kampits).

Literatur:
  • Peter Kampits: Zwischen Schein und Wirklichkeit. Eine kleine Geschichte der Österreichischen Philosophie. Wien: 1984.
  • Ferdinand Ebner: Das Wort und die geistigen Realitäten. Pneumatologische Fragmente. Frankfurt/Main: 1985.