De viris illustribus, „Von berühmten Männern“, gelegentlich auch kurz als Vitae, „Leben“, bekannt, ist das berühmteste Werk des römischen Autors Cornelius Nepos, doch nur Bruchstücke der Sammlung an Biographien sind überliefert. Der umfängliche Rest seiner sonstigen Schriften ging sogar leider völlig verloren.
Cornelius Nepos, ein Dichter in den Wirren des Bürgerkrieges
„Wem nun schenk ich das neue nette Büchlein, / Das vom trockenen Bimsstein grad’ geglättet? / Dir, Cornelius“ so begann Catull seine berühmte Sammlung an Gedichten und widmete sie hiermit seinem Freund Cornelius Nepos, der ihn auch eifrig förderte. Beide stammten aus Oberitalien, doch sonst ist wenig aus der Biographie des Biographen Nepos bekannt, nicht einmal sein Vorname. Er wurde vermutlich gegen 100 v.Chr. geboren und starb irgendwann kurz nach 27.v.Chr.
In diesen Zeitrahmen fielen zahlreiche Bürgerkriege, Rom wandelte sich von der senatorischen Republik zur Monarchie des Prinzipats. Doch Nepos, dem Ritterstand zugehörig, verfuhr offenkundig eine politisch kluge Haltung, die darin bestand, sich aus den Untiefen der Parteiungen herauszuhalten. Dies ermöglichte ihm, so wird vermutet, sein nicht unbeträchtliches Vermögen, das ihm auch die Muse zum Verfassen zahlreicher Schriften gab.
Die Werke des Cornelius Nepos
Berühmt wurde Nepos bei seinen Zeitgenossen durch ein umfangreiches Geschichtswerk in drei Bänden, Chronica genannt, welches den bisher unbekannten Versuch unternahm, neben der römischen auch die Geschichte anderer Völker darzustellen. „Damals, als Du als einz’ger Römer kühnlich / Weltgeschichte uns lehrtest in drei Büchern“, lobte ihn Catull in dem Widmungsgedicht, der die Bedeutung dieses Unternehmens durchaus einzuschätzen wusste. Doch ging das Werk mit dem Untergang des Römischen Reiches verloren.
Ebenso wenig auf uns gekommen ist Nepos’ Sammlung an Anekdoten und Geschichtchen, die Exempla, ein bei den Römern extrem beliebtes Genre. Verschwunden auch die Biographien Catos und seines Zeitgenossen und Brieffreundes Cicero (der Briefwechsel erlitt dasselbe Schicksal) und als wäre die Verlustgeschichte des Nepos’schen Oeuvres damit nicht schon dramatisch genug, besitzen wir auch vom einzig erhaltenen werk nur Bruchteile.
De viris illustribus: eine neue Form der Biographie
Ursprünglich umfassten diese Doppel-Biographien jeweils Abteilungen zu Feldherren, Dichtern, Königen, Rednern, Historikern und Grammatikern, so wird vermutet. Auf berühmte Ausländer, überwiegend Griechen, folgte stets die gleiche Anzahl an Römern. Doch die überlieferten Bruchstücke umfassen heute lediglich noch die ausländischen Feldherrn und zwei der römischen Historiker, Cato (d.Ä.) und Atticus, einem Freund des Nepos.
Was blieb füllt heute im wahrsten Sinne des Wortes nur noch ein schmales Reclam-Bändchen - eine, dies sei hier angemerkt, dankenswerterweise zweisprachige Ausgabe, denn die Übersetzung erlaubt sich gelegentlich absurde Ausrutscher, die etwas zuviel an Nachgiebigkeit gegenüber dem Zeitgeist verraten, aus nulla doctrina wird beispielsweise „ohne eigentlich wissenschaftlichen Touch“ in der Biographie des Cato.
Der zweifach verkannte Nepos
In dieser etwas verkrampften Anbiederung an eine vermeintlich moderne Ausdrucksweise liegt wohl der durchaus respektable Versuch, Cornelius Nepos wieder zu größerer Anerkennung zu verhelfen, die er insbesondere gerade aufgrund seiner Lesbarkeit verdient hat, die auch durch die angenehme Form der Kurzbiographien erleichtert wird. Den Nepos’ Werk hatte nicht nur die Verstümmelungen der Spätantike zu überstehen, sondern litt auch darunter, dass die Feldherrenbiographien ab diesem Zeitpunkt fälschlich einem anderen Autoren zugeschrieben wurden. Erst in der Renaissance gelang die richtige Zuschreibung.
Ab dieser Zeit war Nepos, aufgrund der genannten Eigenschaften ein beliebter Schulautor besonders für Lateineinsteiger. Dies wiederum machte ihn den Altphilologen des späten 19.Jahrhunderts verdächtig, verächtlich blickten die maßgeblichen Latinisten auf den einfachen Stil und den vermeintlich laxen Umgang mit Fakten, Nepos Stern verblasste neben seinen Freunden Cicero und Catull, fortan galt er als zweitrangig oder gar als reiner Lexikonartikelschreiber.
Rehabilitation eines innovativen Schriftstellers
Von dieser geradezu arroganten Sichtweise ist man längst wieder abgerückt. Nepos wurde als typisch römischer Geschichtsschreiber, dem das dramatisch pointierte Erzählen und Darstellen von Personen wichtiger war als der historistische Positivismus des 19.Jahrhunderts. Und vor allem würdigte man nun Nepos’ innovatives Vorhaben, genuin römische Biographik zu betreiben, die sich von den griechischen Vorbildern abhob. Auch hier beschritt er also, wie schon mit seinem Geschichtswerk, einen neuen, eigenständigen Weg, auf dem ihm zum Beispiel Sueton mit seinen Kaiserbiographien später folgen sollte. Und wie diese sind auch die Lebensbeschreibungen des Cornelius Nepos auch nach über zweitausend Jahren noch immer eine unterhaltsame Lektüre.
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