Donnerstag, 4. Oktober 2012

Schüsse auf Frauen und Kinder

Unter der Überschrift Tödliche Schüsse auf Frauen und Kinder hat der Spiegel in seiner Ausgabe30 vom 23.07.2012 im Panorama des Wissenschaftsressorts über eine Kurzmeldung über eine Studie amerikanischer Wissenschaftler berichtet, die sich - statistisch - mit den unschuldigen Opfern von Querschlägern und Abprallern (engl. ricochets) beschäftigt, die durch den Schusswaffengebrauch in den USA entstehen.

Dabei wird angemerkt, dass es pro Jahr zu etwa 30000 solcher Opfer komme, die durch abgelenkte oder verfehlte Schüsse getroffen würden, "fast ein Drittel von ihnen sind Kindern, 45 Prozent weiblich", so zitiert der Spiegel die Studie. Bei einer Bevölkerung von gut 300 Millionen Einwohnern ist das eine trotz allem sehr hohe Anzahl von Personen, die allein von dieser besonderen Art von Unfällen (dazu gehören nicht einmal diejenigen Besitzer, die beim Reinigen ihrerWaffe sich oder andere tödlich verletzen) betrofen sind. Die Erkenntnis dieser Untersuchungen wird vermutlich wie immer zu nichts führen - als Fortschritt muss man es ja bereits betrachten, wenn ein amerikanischer Präsident der Waffenindustrie und ihrer Lobby nicht durch freundliche Gesetze entgegenkommt, sondern lediglich den status quo wahrt, so dass es nicht noch schlimmer wird.

Trotzdem gibt die Meldung auf ganz andere Art und Weise zu denken. Ob dies nun eine Folge der journalistischen Aufbereitung ist oder bereits in der Studie angelegt, muss offen bleiben, doch verwundert nach gründlicherem Nachdenken die Aufteilung der Opfer in Kinder und Frauen, beziehungsweise deren gesonderte Erwähnung. Sicher, Kinder und Frauen gelten als besondere Opfer, da sie für gewöhnlich an bewaffneten Auseinandersetzungen nicht aktiv beteiligt (letztere in besonderen Berufen ausgenommen) und auch die zivilen Waffenbesitzer wohl überwiegend Männer sind.
Doch der Rückschluss, dass sie als Opfer von Querschlägern besonders "unschuldig" sind, ergibt sich daraus nicht - wie auch? Es geht hier um Unfälle. Diese geschehen, so seltsam dies klingt, nach dem Zufallsprinzip, so kommt letztlich die kaum verwunderliche Zahl von 45% zustande, also ungefähr der Hälfte der Bevölkerung, wie es eben dem statistischen Wert entspricht.
Die zufällig getroffenen Männer sind folglich nicht mehr oder weniger schuldig, es sei denn, man beruft sich auf einen völlig verqueren Sexismus. Bedauerlich ist es, dass durch den freien Waffenverkauf soviele unbeteiligte Opfer gefordert werden - aber es ist gänzlich egal, ob es sich dabei um Frauen, Kinder oder Männer handelt. Letztere sind und können nicht schuldiger sein als die anderen reinen Unfalltoten.
Das wäre so, als würde man die männlichen Verkehrstoten weniger betrauern, weil die meisten Fahrzeugingenieure (noch immer) Männer sind. Man kann mit einer falsch verstandenen Emanzipationshaltung auch in dumpfe Fallen tappen und das an und für sich zu befürwortende Anliegen ins Absurde führen - geholfen ist damit niemand.

    

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