Samstag, 11. August 2012

Langston Hughes und Abe Lincoln


Ob man Gedichte übersetzen kann, ist eine langwierige und alte Diskussion, die bei den meisten Debatten auf das Ergebnis hinausläuft, nein, aber man muss - schließlich möchte man den Lesern außerhalb der Sprache die Lyrik nicht vorenthalten. Der beste Kompromiss sind dann zweisprachige Ausgaben (ein guter Kompromiss, der wie alle guten Kompromisse der Angefaultheit nicht entbehrt, da man schließlich trotzdem nur etwas davon hat, wenn man die Originalsprache versteht).

In Enzensbergers legendärer Sammlung mit dem wunderbaren Titel Museum der modernen Poesie - inzwischen schon unglaubliche 52 Jahre alt - hat man sich diese Mühe leider gespart...dabei liefert gerade diese so lobenswerte Anthologie mit einer netten Stilblüte das beste Argument für mehrsprachige Ausgaben.

Dort gibt es eine Strophe aus dem Gedicht Langston Hughes' The Negro speaks of Rivers, seltsam genug übersetzt mit Der Neger spricht von den großen Strömen - nicht wegen des heute sicher vermiedenen "Negers" (wie gesagt stammt das Museum von 1960), sondern des Aufblasens der Rivers zu "großen Strömen"...doch wie und warum auch immer, schön liest sich dies hier:

Ich vernahm das Rauschen des Mississippi, als Abe Libcoln 
hinunter fuhr nach New Orleans, und ich habe gesehen,
wie seine schlammige Brust sich im Abendrot golden färbte.  

Das Ganze ist natürlich ein Fünftklässlerfehler, worüber man sich aber nur noch mehr wundert. Der Vergleich mit dem Original zeigt schnell, wie der arme Abe zu seiner Schlammbrust kommt, wobei das Bild, wie Lincolns Brust sich beim Hinunterfahren nach New Orleans im Abendrot golden einfärbt, schon auch etwas sehr Einprägsames hat...

I heard the singing of the Mississippi when Abe Lincoln 
went down to New Orleans, and I've seen 
its muddy bosom turn all golden in the sunset.
 

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