Samstag, 8. Februar 2014

Schwedin des Tages: Charlotta Jonsson.



Der Schwedenkrimi ist ein Mythos – und ein Mysterium. Seit den Romanen des Autorenduos Maj Slöwall und Per Wahlöö hat sich der sozialkritische Krimi aus dem Norden etabliert, mit den Büchern Henning Mankells und zahlreicher Nachfolger mit nicht minderem Erfolg (Hakan Nesser, Stieg Larsson, der Norweger Jo Nesbo und viele mehr) seit den Neunziger Jahren den gesamten Kontinent, aber insbesondere die deutschen Bücherregale zahlreich bevölkert. Zeitweilig musste man den Eindruck gewinnen, mancher Autor habe seinen Namen einfach kurzerhand skandinavisiert oder doch wenigstens die Handlung Richtung Norden verlegt, um mehr Leserinnen und Leser zu finden.

Stellt sich natürlich die Frage, warum gerade die Nachbarn aus der Bundesrepublik mit offensichtlich wohligem Grusel jedem schwedischen Krimi-Schreiber seine mehr oder minder spannenden Ergüsse regelrecht aus der Hand rissen? Vielleicht war man hierzulande ganz froh, lesen zu können, dass im landschaftlich so schönen und sozial so fürsorglichen Schweden auch nicht alles Gold war, was glänzt und sich unter der harmonischen Oberfläche blutig-brutale Abgründe auftaten. Dafür hätte man allerdings auch einfach nur in die Zeitung sehen können.  

Es konnte nicht ausbleiben, dass auch die Filmindustrie sich die Attraktivität der Schwedenkrimis zunutze macht, weshalb nun auch das Vorabend- und Nachtprogramm zahlreiche Einblicke in das Leben skandinavischer Kommissare und Kommissarinnen, aber natürlich auch bösartiger Verschwörerzirkel und skrupelloser Mörder gewährt – wobei der ursprüngliche Nebeneffekt, etwas über Land und Leute sowie politische Verhältnisse zu erfahren, manches Mal nur noch reichlich dürftig zu Tage tritt. Neben eigenständigen Filmen und Serien war es nur natürlich, dass auch Mankells Romane eine Bildschirmversion bekommen sollten (letztlich sogar drei, die gleich erwähnte, eine frühere Fernsehversion und eine spätere britische Reihe).

Dem verdanken wir es – aufgrund der Beliebtheit des Genres in Deutschland beteiligte sich die ARD an der Finanzierung –, dass in die heimischen Flimmerkisten erfreulicherweise schwedische Schauspielkunst zu besten Sendezeiten Einzug erhielt (also nicht nur ab und zu ein Ingmar-Bergman-Film kurz nach Mitternacht auf arte). Insbesondere erfeulich ist dies im Fall der Akteurin Charlotta Jonsson.

Charlotta Jonsson, geboren am 11.Mai 1973, übernahm nämlich die Rolle von Wallanders Tochter Linda während der Phase, in der der alternde Kommissar – eine ebenfalls sehr gekonnte schauspielerische Leistung des Hauptdarstellers Krister Henriksson – aufgrund seiner Alzheimer-Krankheit stark abbaut, ohne sich dies einzugestehen. Das verlangt, wenig überraschend, der mit ihm zusammenarbeitenden Tochter einiges ab. Charlotta Jonsson setzt dies in ihrer Rolle als das Dilemma zwischen Verpflichtung gegenüber dem Vater (nachdem er ihr seine Krankheit endlich eingestanden hat) und Überforderung mit der Situation in ihrer zurückhaltenden Art bewundernswert um.

Dies liegt mit Sicherheit auch daran, dass sie von der klassischen Bühne kommt, sie studierte erst in New York, später dann an der Theaterhochschule in Göteborg. Noch immer spielt sie regelmäßig auf den Bühnen der schwedischen Großstädte, und gelegentlich übernimmt sie auch die Regie. Dem heimischen Publikum in Schweden ist sie jedoch besonders aus zahlreichen Serien und TV-Filmen bekannt, dazu leiht sie ihre Stimme gern für Radioproduktionen, und hin und wieder auch -werbung. So gesehen (und gehört) sind die schwedischen Nachbarn mal wieder im Vorteil, denn nachdem Kurt Wallander in der deutsch-schwedischen Kooperation inzwischen seinen Dienst beendet hat, müssen wir wohl erstmal auf ihre Präsenz hier im Süden verzichten. Bleibt auf die Wiederholungen zu hoffen, auf neue schwedische TV-Filme kurz nach Mitternacht auf arte – oder die Besetzung Charlotta Jonssons als Kommissarin in irgendeinem neuen Schwedenkrimi.
 
 

 Homepage (schwedisch): http://charlottajonsson.com/

                

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